Mithilfe von Lean Change Management können Organisationen Veränderungen inkrementell umsetzen und Betroffene zu Gestaltern von Veränderungsprozessen machen.
Die Fähigkeit zur Veränderung von Unternehmen wird zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Da in einer Welt, die sich zunehmend digitalisiert Flexibilität und Anpassung ausschlaggebend sind, ob ein Unternehmen die nächste Disruption überstehen oder gar mitgestalten kann. Dies hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab:
Hier reichen für einen solch grundlegenden Wandel klassische Change Management-Ansätze nicht mehr aus (lesen Sie hier mehr zum Paradigmenwechsel vom Change Management zur agilen Transformation).
Wandel ist nicht gleich Wandel. Die VUCA-Welt setzt heute und in Zukunft Rahmenbedingungen, die eine neue Sichtweise auf das Thema „Change“ erfordert. Diese neue Sichtweise greift das „Lean Change“-Vorgehen auf. Lean Change bezeichnet dabei einen agilen Ansatz, bei dem Unternehmen Veränderungen durch Feedback und iterative Anpassung gestalten.
Lean Change Management unterscheidet sich grundsätzlich von den Prinzipien des bisher bekannten Change Managements. Anstelle eines groß angelegten Wandels treten nämlich kleine inkrementelle Veränderungen. Diese vollziehen sich durch Experimente in der Organisation. Experimente ermöglichen das schnelle Testen von Ideen, Annahmen und Hypothesen. Sie generieren außerdem schnelles Feedback von Betroffenen und Beteiligten.
Ein Unternehmen kann mit diesem Ansatz den gesamten Prozess der Veränderung effizient und passgenau gestalten. Beteiligte werden unmittelbar eingebunden, da sie selbstständig und eigenverantwortlich Lösungen identifizieren und umsetzen. Aus der frühen und direkten Einbindung steigt das Commitment sowie eine passende Herangehensweise an die Veränderung im Team. Ohne dessen Unterstützung würden angestrebte Veränderungen verebben. Entscheidend ist zudem, dass die Veränderung nicht mehr „von oben“ aufoktroyiert wird, sondern aus der Mitte der Organisation entspringt. Alle Mitarbeitenden, die einen Druck zur Veränderung verspüren, können sich aktiv einbringen und werden so zu Change-Planern, -Umsetzern und -Controllern.
In der ersten Phase entwickelt das Team ein Verständnis für das Problem. Es sammelt, analysiert und verdichtet Daten. Folgende Leitfragen können Orientierung geben und den Anfang einer Veränderung definieren:
Idealerweise finden zu diesen Fragen Interviews mit den betroffenen Mitarbeitenden statt. Gewonnene Erkenntnisse gelten als Hypothesen. Anstatt oder zusätzlich zu den Interviews eignet sich zum Auftakt ein Einsichten-Meeting besonders gut (Lean Café). In einer lockeren Café-Atmosphäre tauschen sich Beteiligte zu ihren Hypothesen, Ansichten, Einschätzungen und Ideen zur Problemsituation aus. Es entsteht ein umfangreiches Bild von Einsichten zur aktuellen Situation: dieses kann anhand von Zitaten, Bildern oder Storyboards veranschaulicht werden.
Im Fokus der zweiten Phase des Lean Change stehen Optionen, um das identifizierte Problem zu lösen. Durch welche Schritte kann das Problem gelöst und das Ziel erreicht werden? Dabei soll im ersten Schritt nicht die Umsetzbarkeit der Lösungsansätze im Vordergrund stehen. Stattdessen sind viele verschiedene Optionen und kreative, einfache Lösungen wichtig. Ein Team überführt jene Optionen, die alle unterstützen und als sinnvoll für die Problemlösung einstufen, schließlich in ein Raster. Besonders geeignet ist dabei die Klassifizierung nach Aufwand und Nutzen. Ziel ist es, mit möglichst geringem Aufwand einen möglichst hohen Nutzen zu generieren, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Durch die Generierung diverser Optionen, die Klassifizierung dieser und der Auseinandersetzung mit den effektivsten Lösungsansätzen entsteht schließlich die Entscheidung für eine konkrete Option (oder ein Set von Optionen).
In der dritten Phase des Lean Change helfen Experimente, die gewählte Option im Unternehmen zu testen. Dabei kann der Begriff „Experiment“ unterschiedlich interpretiert werden. Eine festgelegte Option kann mit einem Experiment zunächst nur in einem Team oder einer Abteilung umgesetzt werden. Es ist auch möglich diese als Pilot mit festgelegten Feedback-Zyklen und Befragungen für die gesamte Organisation durchzuführen. Außerdem kann ein Experiment darin bestehen, eine Veränderung zunächst schrittweise anzuwenden. Z.B. bei der Einführung von 360-Grad-Feedback: zunächst vertikales Feedback, in einer zweiten Phase zusätzlich horizontales Feedback und in einer weiteren Phase auch externes Feedback.
In der Vorbereitung der Experimente ist es wichtig, den gewählten Lösungsweg zunächst in einzelne Teilschritte zu zerlegen. Anhand der Teilschritte können Aufgabenpakete für die Teammitglieder*innen geschnüret und Erfolgskriterien festgelegt werden. Im Anschluss findet die Ausführung der Teilschritte statt, welche mithilfe eines täglichen Meetings koordiniert werden. Schließlich werden die Experimente evaluiert. Es wird ausgewertet, inwiefern das definierte Ziel erreicht wurde und ob die ausgewählte Option aus der vorherigen Phase die gewünschte Verbesserung gebracht hat. Die aus dem Experiment gewonnenen Erkenntnisse werden notiert und weitere Schritte zur Umsetzung der Veränderung eingearbeitet. Hier kann es entweder zu der Entscheidung kommen, dass die durchgeführten Experimente erfolgreich waren und beibehalten werden sollen, oder das Anpassungen, ggf. auch andere Optionen stattfinden sollen.
Die Anwendung der Lean Change-Prinzipien und die Integration des Prozesses bedarf eines radikalen Umdenkens in Organisationen. Insbesondere gilt das in jenen Organisationen, in denen agiles Arbeiten noch ein abstraktes Zielbild ist. Jedoch ist es gerade dort von großer Bedeutung, Initiativen zur digitalen Transformation konsequent und zügig umzusetzen. Der Lean Change-Ansatz kann dabei helfen, mit inkrementellen Veränderungen diesen Wandel Schritt für Schritt zu führen. Gleichzeitig stärkt der Ansatz die Veränderungsfähigkeit der Mitarbeitenden und schließlich der Organisation. Wie für andere agile Methoden gilt auch für Lean Change: Agil wird man nicht durch Appelle und Anweisungen, sondern durch konkrete Methoden. Methoden, die Agilität erlebbar und Vorteile erkennbar machen.
In der heutigen dynamischen und schnelllebigen Geschäftswelt ist Selbstorganisation zu einem